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Garantien-Katalog

von Prof. Dr. Christian Bochmann, Partner, Flick Gocke Schaumburg


Die Regelungen im Garantien-Katalog haben erheblichen Einfluss auf die Gesamt-Transaktion und den Netto-Kaufpreis. Verkäufer sollten sich daher mit diesem Thema intensiv auseinandersetzen.


  1. Funktion

Einer der wichtigsten Bestandteile eines jeden Unternehmenskaufvertrages ist der Garantien-Katalog. Dieser ist seiner Funktion nach auf die Offenlegung der für den Käufer zum Erwerb und zum Betrieb des Zielunternehmens relevanten Informationen gerichtet.


Dem Erwerber soll durch den Garantien-Katalog die Möglichkeit verschafft werden, einen möglichst guten Einblick in die Geschäftstätigkeit und die mit dem Zielunternehmen verbundenen Risiken zu erhalten, ohne dass der Verkäufer gleichzeitig zu einem Zeitpunkt, zu dem der Abschluss des Kaufvertrages keineswegs sicher ist, gezwungen wird, auf seine berechtigten Geheimhaltungsinteressen zu verzichten. Es geht nicht darum, dem Erwerber das „perfekte“ Unternehmen vorzuspielen. Vielmehr soll dem Erwerber für die Vertragsverhandlungen und seine Kaufentscheidung eine angemessene Informationsbasis zur Verfügung gestellt werden, auf deren Richtigkeit er vertrauen kann.


  1. Aufbau

Das Vertrauen in die Richtigkeit wird durch die haftungsbewährten Garantieerklärungen des Verkäufers gesichert. Sollten sich Garantieversprechen als falsch herausstellen, so müsste der Verkäufer den Käufer – jedenfalls wirtschaftlich – so stellen, wie dieser bei Richtigkeit der Garantieerklärung stehen würde. Der Garantien-Katalog setzt sich aus einer tatsächlichen und einer rechtlichen Ebene zusammen. 


Die Vertragsparteien regeln nicht nur, von welchen tatsächlichen Umständen sie ausgehen und für die der Verkäufer gegenüber dem Käufer im Wege eines Versprechens einstehen will. Darüber hinaus legen die Parteien für die Durchführung ihres Unternehmenskaufvertrages auch verbindlich fest, welche Folgen damit verbunden sein sollen, wenn sich später herausstellt, dass das Versprochene nicht der Realität entspricht. Die Parteien schließen das vom Gesetzgeber vorgesehene Gewährleistungsrecht aus und regeln dieses – angepasst an ihre Zwecke und Bedürfnisse – untereinander neu und abschließend. Auf diese Weise wirken die Parteien der oftmals ansonsten für den Verkäufer nicht kalkulierbaren Gewährleistungshaftung entgegen und schaffen mit einem guten Kaufvertrag für alle Seiten Rechtssicherheit.


Sowohl Käufer als auch Verkäufer wissen, wovon sie in Bezug auf das verkaufte Unternehmen ausgehen dürfen und wofür der Verkäufer einzustehen hat, aber auch, wofür er gerade nicht in Anspruch genommen werden soll. Die Parteien begeben sich für ihren Vertrag in die Rolle des Gesetzgebers, und es obliegt ihnen und ihren Rechtsberatern, eine eigene Risikoverteilung für das Auseinanderfallen von Realität und Parteivorstellung vorzunehmen.


  1. Inhalt

Die konkrete inhaltliche Ausgestaltung des Garantien-Katalogs richtet sich, wie der gesamte Umfang des Unternehmenskaufvertrages, maßgeblich nach dem Zuschnitt des Zielunternehmens, den Ergebnissen der Due Diligence-Prüfung und den dabei erkannten rechtlichen Gefahren.


Den typischen Inhalt eines Garantien-Katalogs haben wir in dieser Übersicht zusammengefasst. Darüber hinaus enthält ein solcher Katalog in aller Regel auch Garantien in Bezug auf:

⇒  wesentliche Verträge

⇒  bedeutende Kunden- und Lieferantenbeziehungen

⇒  wichtige Arbeitnehmer des Zielunternehmens


Wesentliche Verträge

Den Parteien steht es frei, festzulegen, was sie als wesentliche Verträge und bedeutende Kunden- und Lieferantenbeziehungen definieren möchten. Regelmäßig über den Begriff der wesentlichen Verträge werden solche erfasst, die über definierte Zielgrößen hinausgehen und die auf den Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen oder von Gegenständen gerichtet sind. Diese als wesentlich definierten Verträge werden in der Folge zumeist als eine eigene Anlage zum Kaufvertrag samt ihren jeweiligen Konditionen offengelegt. Auch die maßgeblichen Zielgrößen sind durch die Parteien zu bestimmen.


Typischerweise gilt: So wenig offenzulegende Verträge wie möglich, aber so viele wie nötig. Auf diese Weise wird der Verkäufer davor geschützt, vermeintlich unwichtige Verträge zu übersehen und dadurch eine Garantie zu verletzen. Der Käufer kann demgegenüber seine Konzentration unmittelbar auf die für ihn maßgeblichen Verträge richten und muss diese nicht erst aus einer Informationsflut herausfiltern.


Bedeutende Kunden- und Lieferantenbeziehungen

Die – regelmäßig gemessen am Umsatz – größten Kunden- und Lieferantenbeziehungen des Zielunternehmens werden dem Erwerber zumeist auf Basis einer anonymisierten Liste zur Verfügung gestellt. Zusätzlich erhält der Erwerber die vom Zielunternehmen gegenüber den Kunden und Lieferanten verwendeten Musterverträge, sodass er sich – unter Wahrung der berechtigten Interessen des Verkäufers, des Zielunternehmens und dessen Kunden und Lieferanten – ein möglichst gutes Bild der Geschäftstätigkeit des Zielunternehmens verschaffen kann.


Change-of-Control-Klauseln

Der Verkäufer versichert im Zusammenhang mit wesentlichen Kunden- und Lieferantenbeziehungen, aber auch in Bezug auf wesentliche Arbeitnehmer, oftmals zudem, dass sog. Change-of-Control-Klauseln nicht bestehen oder diese jedenfalls abschließend offengelegt worden sind. Mit Change-of-Control-Klauseln wird Arbeitnehmern oder auch Kunden und Lieferanten einseitig das Recht eingeräumt, bestehende Verträge zum Zielunternehmen zu beenden, wenn sich dessen Eigentümerstruktur – wie im Rahmen einer Transaktion typischerweise – verändert. Durch diese Garantien wird dem besonderen Interesse des Erwerbers an qualifizierten Führungskräften des Zielunternehmens und an dessen wirtschaftlichem Fortbestand Rechnung getragen.


  1. Steuerungsmechanismen

Die im Garantien-Katalog enthaltenen Versprechen stellen im Ausgangspunkt ein äußerst scharfes Schwert des Käufers gegenüber dem Verkäufer dar. Es gibt allerdings eine Vielzahl unterschiedlicher Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen eine bei Garantieverletzung drohende Haftung des Verkäufers deutlich begrenzt werden kann.


Denkbar ist, die Inanspruchnahme von der positiven Kenntnis des Verkäufers oder der ihm zurechenbaren Personen (je nach Vereinbarung etwa Geschäftsleitung, Prokuristen etc.) des Zielunternehmens abhängig zu machen oder die Inanspruchnahme summenmäßig und zeitlich zu begrenzen. Dies kann für jede Garantie gesondert, aber auch für sämtliche Garantien zusammenfassend durch die Parteien geregelt werden.


Der Gestaltungsfreiheit und Phantasie sind hier mit etwas Verhandlungsgeschick nur wenige Grenzen gesetzt. Erfahrene Berater kennen nicht nur die Relevanz abgegebener Garantien, sondern auch die Möglichkeiten einer spürbaren Begrenzung der Haftungsfolgen zugunsten des Verkäufers und helfen Ihnen dabei, bei diesen Themen das Maximum für Sie herauszuholen.

 
 

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